Wie der Wind weht – oder: Wie man erfolgreich einen Gründer Overkill organisiert

Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass man es  Gründern in Deutschland immer schwerer machen will. Ein Gesetzentwurf jagt den nächsten. Gründungszuschuss, Rentenversicherungspflicht und nun eine Änderung des Steuerrechts, die gravierende Auswirkungen auf die Finanzierung von neuen Unternehmen hätte.

Worum geht es?
Nehmen wir mal an, ein schlauer Fuchs – nennen wir ihn Peter – hat die Idee für ein neues Portal im Netz – eine Partnervermittlung, die sich speziell an Senioren richtet. Peter recherchiert, prüft, schreibt einen Businessplan und stellt fest, dass er das Projekt finanziell nicht allein stemmen kann, weil ihm die Rücklagen fehlen. Trotzdem ist er überzeugt von seiner Idee, lässt sich einen Termin bei seiner Hausbank geben und stellt am Tag X dem Berater sein Konzept vor. Der Berater lächelt milde und rät Peter, doch lieber einen anständigen Beruf zu lernen, statt sich in Schulden zu stürzen, für ein Projekt, bei dem man nicht absehen kann, ob es funktioniert. Peter ist frustriert, probiert es noch bei einer anderen Bank –  gleiches Spiel. Aber er will nicht aufgeben, besucht eine Messe, bei der es ausschließlich um die große Welt des WWW geht und begegnet dort Günter und Franz. Die haben schon einige Portale gegründet, wieder verkauft und sind so zu einem kleinen Vermögen gekommen. Sie finden die Idee von Peter überhaupt nicht abwegig – im Gegenteil. Sie sind absolut überzeugt, laden Peter zu einem Treffen mit mehreren Investoren ein, damit er sein Projekt vorstellen kann. Und siehe da, es dauert nicht lange, bis die Finanzierung steht und das Portal Dank Beteiligungsverkäufen an den Start gehen kann.  Nach kurzer Zeit schreibt Peter schwarze Zahlen. Die Investoren verdienen mit. Das Gute daran – sie müssen diese Gewinne nur mit einem minimalen Steuersatz von 1,5 Prozent versteuern. Das ist der Punkt, der dieses Geschäft für Investoren wie Günter und Franz derzeit so attraktiv macht. Denn in Deutschland hat sich eine quirlige und ernstzunehmende und international anerkannte Start-up-Szene entwickelt.

Das könnte sich jedoch bald ändern, nämlich dann, wenn der Europäische Gerichtshofs mit seiner Forderung durchkommt, den Steuersatz zu verändern, weil diese Praxis gegen EU-Recht verstößt. Der Hintergrund ist, dass dieser Steuervorteil ausländischen Kapitalgesellschaften – im Gegensatz zu inländischen Kapitalgesellschaften – nur dann zusteht, wenn sie mit mindestens zehn Prozent an einer deutschen Kapitalgesellschaft beteiligt sind. Und darum gibt es nun einen Gesetzentwurf, der diese 10 Prozent-Grenze auch für inländische Beteiligungen vorsieht. Liegt man unterhalb der  Grenze, so würden die sogenannten Veräußerungsgewinne mit satten 30 Prozent besteuert. Das käme allerdings einem Overkill gleich und würde vielen Gründern den Start erschweren bis gänzlich verderben, weil damit die Kleinbeteiligung an Unternehmen deutlich an Attraktivität verliert.
Viele Gründer und Investoren haben reagiert und auf der Seite Gründerszene ein Manifest veröffentlicht, um damit in den Dialog mit der Regierung zu treten. Man kann nur hoffen, dass der Protest etwas bewirkt und vielleicht sogar Menschen – die  „nur“  Kunden der jungen Start-ups sind, aufrüttelt.

Aber wie eingangs schon geschrieben – ich habe langsam den Eindruck, dass die Phase vorbei ist, in der Gründungen seitens der Regierung besonders gefördert wurden, nicht zuletzt um die Arbeitslosen-Statistik zu verbessern. Nun ist es wohl die leere Rentenkasse, die dafür sorgt, dass das Segel in die andere Richtung gesetzt wird.