Der Geburtstag rückt näher – am 4. Juli ist es soweit. Dann feiern wir gemeinsam mit Euch das 8-jährige Bestehen der .garage berlin. Dann heben wir die Gläser auf ein Projekt, das sich selbst als Unternehmen etablieren musste und das all die wackligen ersten Schritte, die jeder Gründer geht, ebenfalls Schritt für Schritt gehen musste. Wie alles begann – in dieser kleinen Reihe stellen wir Euch die Menschen vor, die die .garage berlin von Anfang an begleitet haben. Heute ist Siegfried Krost an der Reihe. Das Interview führte Kirsten Kohlhaw:
Herr Krost, Sie haben das Projekt .garage berlin und seine Entwicklung von Beginn an begleitet, wie haben Sie und Thomas Mampel sich kennengelernt?
Ich war damals beim Stadtteilzentrum Steglitz (SzS) tätig, als Berater für Beschäftigungslose, ursprünglich Sozialhilfeempfänger, später ALGII-Bezieher, die in einem Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekt eingebunden waren. Wir haben im SzS bedarfsgerechte Projekte initiiert und durchgeführt: Bewerbungstraining, Computerkurse und vieles mehr, teils in Kooperation mit VHS. Bei den Beratungsgesprächen kam es relativ oft vor, dass Potenzial erkennbar wurde, das eine Selbstständigkeit nahe legte, auf dem konventionellen Arbeitsmarkt sah es für meine damaligen Gesprächspartner hingegen eher traurig aus. Teilweise waren unter den Beschäftigungslosen jener Tage auch ehemalige Selbstständige, die mit ihrem Unternehmen pleite gegangen waren und ihre Selbstständigkeit hatten aufgeben müssen. Oft waren die Ideen gut, doch traten deutliche kaufmännische Defizite zutage.
Inwieweit mangelte es an kaufmännischen Erfahrungen?
Es fehlten bisweilen schlicht die Grundvoraussetzungen, eine Idee im Alltag geschäftsfähig zu halten. Manche hatten ihre Buchhaltung und Liquidität nicht im Griff, andere den Markt falsch eingeschätzt.
Hat sie das beflügelt, ein Projekt zu finden, Menschen sinnvoll an die Selbstständigkeit heranzuführen?
In jedem Fall gaben diese Begegnungen den Ausschlag für eine Offenheit dem Thema „Gründung aus der Arbeitslosigkeit“ gegenüber. Als Thomas Mampel auf das Projekt „.garage“ der Enigma Company Builders in Hamburg stieß, waren wir uns sofort einig, dass der .garage Brutkasten: inkubator geeignet sein könnte, um diesen Bereich mit abzudecken. Wir haben dann umgehend Kontakt zu den Hamburgern aufgenommen und sind dann mehrmals in Hamburg gewesen um uns das Projekt anzuschauen.
Wie lief der inkubator in Hamburg ab, was haben sie sich da angeschaut?
Der inkubator lief im Großen und Ganzen so ab, wie er dann für Berlin entwickelt wurde. Verschiedene Phasen der Ideenreifung, Analyse des Umfeldes, Entwicklung einer schlüssigen Finanzierungs-, Marketing- und Kommunikationsstrategie. In Hamburg waren es größtenteils Leute, die von der Hochschule kamen, die ihre Ausbildung abgeschlossen hatten und im Kreativbereich tätig waren. Und deren Berufe sie typischerweise in die Selbstständigkeit führen würden. Wir sind richtig tief eingestiegen und häufiger nach Hamburg und zur Abschlussprüfung an die Universität Lüneburg gefahren, Frank Redeker und ich, um dort eine Ausbildung zu absolvieren. Die Enigma Q-plus-Ausbildung, um den .garage inkubator-Prozess eigenständig durchführen zu können. Das ging von Februar bis Juli 2006 und dann ist gleich die erste Gruppe gestartet.
War die Seminarpalette von Anfang an so stark ausdifferenziert? Haben Sie auch selbst Seminare gegeben?
Mein Schwerpunkt war der Businessplan Zahlenteil, Preisermittlung und Ertragsvorschau. Ich war ja vor meiner Zeit beim SzS bis 1995 in geschäftsführender Funktion mit Prokura in einem größeren Unternehmen tätig gewesen und konnte diese Bereiche fachlich sehr gut abdecken.
Zur Seminarpalette: Das Konzept war ja von Hamburg aus vorgegeben. Im Laufe der Jahre hat es sich natürlich etwas geändert. Bausteine wie Webgestaltung und PR für Gründer sind dazugekommen, andere Kern-Seminare haben Modifikationen und Anpassungen erfahren, denn auch die Rahmenbedingungen und das gesamte Umfeld der Gründer- und Selbstständigen-Szene sind ja einem dynamischen Wandel unterworfen. Da ist es wichtig, wach und flexibel zu bleiben, neue Trends und Möglichkeiten zu erkennen und an sinnvollen Stellen in den Prozess zu integrieren.
Wie viele Gründer haben sie bis zu Ihrem Ausscheiden als aktiver Dozent und Gründungsberater begleitet?
Oh, das waren viele. Von der ersten Gruppe an bis Ende 2011 habe ich als Dozent auch Seminare gegeben. Seit Ende 2011 bin ich nur noch geringfügig für die .garage tätig, schwerpunktmäßig in Qualitätsmanagement-Fragen. Ich habe das .garage Projekt ja zusätzlich betreut und meine Haupt-Tätigkeit, Projekt- und später „Bereichsleitung Arbeit und Qualifizierung“ beim SzS parallel weitergeführt. Frank Redeker-Christiansen war ja in den Anfängen der Mann vor Ort, der den Löwenanteil der operativen Arbeit übernommen hat.
Was wünschen sie der .garage für die nächsten 8 Jahre?
Weiterhin steigenden und zunehmenden Erfolg und gute Ideen! Und die Einsicht derer, die für die Zuweisungen zuständig sind, dass man Gründungswilligen mit einem plausiblen Konzept und einer glaubhaften Energie, sich für ihren Traum auf den Weg zu machen, diesen Weg nicht verbaut und ihnen die Möglichkeiten gibt, sich ihren eigenen Platz in der Gesellschaft zu erobern. Bei jeder Gründung bleibt ein Restrisiko – kein Unternehmen kann ohne Risiko starten. Gute, sorgfältige Vorbereitung ist wichtig, doch auch dann kann immer etwas schief gehen, der Markt sich nicht wie erwartet verhalten. Wir haben noch einen stolzen kaufmännischen Ehrbegriff und ein Denken in Deutschland, das kein Scheitern zulässt, oder Scheitern als etwas Makelbehaftetes ansieht. Das hat Tradition und ist schwer rauszubekommen. Auch der Umgang mit dem Scheitern muss immer noch und weiter gelernt werden.
Die nächste Hürde ist Kapitalbeschaffung, auch für die nächsten Wachstumsschritte nach der Gründung.
Daher ist auch die Weiterbegleitung einer bereits etablierten Unternehmung oder eines jungen Unternehmens auf dem Weg wichtig. Wenn ich erst einmal da bin (auf dem Markt), habe ich vielleicht nicht mehr die Fragen wie aus der Vorgründungsphase, doch dann ergeben sich einfach andere. Dafür ist die Nachgründungsberatung da, sie erhöht die Chance auf nachhaltige Entwicklung und erhöht die Lebensdauer neuer Unternehmen. Gerade hier hat die .garage in der Zeit ihres Bestehens eine fundierte Expertise aufgebaut und ich wünsche ihr, dass sie diesen Bereich künftig noch weiter ausbauen kann.
Herr Krost, ich danke Ihnen für das Gespräch.
Ein Gedanke zu „.garage berlin – wie alles begann – Teil 3“
Kommentare sind geschlossen.