Wachstum ohne Ende?

Heute, am 26.06.2012 um 15:00 Uhr wurden in allen Schlecker-Filialen im Land endgültig die Türen geschlossen. Damit sind wir Zeuge der wohl größten Familien-Unternehmenspleite Deutschlands. Was ist schief gelaufen? Sah es zeitweise nicht so aus, als würde Schlecker expandieren ohne Ende und schlussendlich den Drogeriemarkt beherrschen? Und ist Wachstum nicht ein Indikator für Erfolg?

Ja und Nein. Denn Wachstum ist nicht gleich Wachstum. Wie in der Natur kommt darauf an, wie etwas wächst. Ein Schwein, das auf Teufel komm raus gemästet wird, ist anfällig für Krankheiten. Eine Pflanze, die hochgezüchtet oder unzureichend gepflegt wird, fällt schneller dem Fressfeind zum Opfer als natürlich, ökologisch gewachsenes Grün.
Sicher ist Wachstum ein Erfolgsindikator, allerdings nur dann, wenn es substantiell ist.
Ob Leo Kirch, Enron oder nun Schlecker – sie alle haben ein natürliches Prinzip missachtet. Damit stehen sie nicht allein. Verfolgt man weltweit die Entwicklung einiger Unternehmen und Konzerne, muss man kein Hellseher sein, um zu wissen, wohin die Reise geht.
Dabei gibt es, das Unternehmenswachstum betreffend, ein paar Prinzipien, die – beachtet man sie – eigentlich schon ein Erfolgsgarant sind. Ein Beispiel dafür liefert uns ausgerechnet ein Konkurrent von Schlecker – die dm-Drogerien.

Wachstums-Prinzipien

Prof. Dr. Roland Alter, Professor für Organisation und Allgemeine Betriebswirtschaft an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Heilbronn untersuchte im Jahre 2009/10  in einer Studie 22 deutsche Wachstums-Champions. Unter ihnen die dm-Drogerien, Würth und Globetrotter. Diese Unternehmen erschienen aufgrund ihrer Unternehmensentwicklung besonders interessant, denn schnell war klar, dass es offenbar einen Schlüssel für nachhaltiges Unternehmenswachstum gibt. Alter fand ihn und veröffentlichte seine Theorie  in einem Buch, das 2010 als Gemeinschaftsprojekt mit dem Lindauer Unternehmensberater Christian Kalkbrenner im Business Village Verlag Göttingen erschien. „Die Wachstums-Champions – Made in Germany“ – so der Titel, hat seine Aktualität nicht verloren und ist jedem der plant ein Unternehmen zu gründen, sehr zu empfehlen.

Laut Alter und Kalkbrenner sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren für nachhaltiges Wachstum:

  1. Stärken stärken und perfektionieren
  2. Marktanteile hinzugewinnen
  3. Aktionsradius ausdehnen
  4. Kommunikation mit Wachstums-Turbos
  5. unkonventionelle Wege zum Kunden
  6. Balance zwischen Vertrieb und Produkt
  7. Hürden erkennen und meistern

Darüberhinaus gibt es gewisse Verhaltensweisen innerhalb des Unternehmens, die sich zum Beispiel an der Unternehmensführung der dm-Drogerie-Märkte sehr gut ablesen lassen können.

  1. Wachstum ist eine innere Einstellung
  2. Unternehmens­kultur pflegen
  3. Inhabergeführt und entscheidungsstark
  4. Vergleich suchen – ständig verbessern
  5. Mitarbeiter ins Boot holen
  6. Scharf umrissene, homogene Zielgruppe
  7. Das Denken in Marktanteilen
  8. Mitarbeiter und Kunden begeistern
  9. Erstes Ziel: Kundennutzen
  10. Organisch wachsen
  11. Leistungsangebot ständig erneuern
  12. Über die Stammkunden zu Neukunden
  13. Das Unternehmen wird zur Marke
  14. In das Produkt investieren, Vertrieb pushen
  15. Hürden aus dem Weg räumen

Abschließend lässt sich sagen, dass Sie als Unternehmer zunächst einmal selbst festlegen, wie groß ihr Pflänzchen werden soll. Aus einer Tomate wird keine Kiwi – insofern geht es schon in der Planungsphase darum, den Boden optimal vorzubereiten und die Feldgröße zu bestimmen. Wie Götz Werner, der Gründer der dm-Drogerien in einem Interview mit dem Zeit-Magazin sagte: „Für mich ist ein Chef wie ein Gärtner, der für sein Saatgut optimale Bedingungen schafft.“ Natürlich kann man vom Markt überrascht werden. Man bringt ein Produkt in den Handel und plötzlich wollen es alle kaufen. Die Nachfrage ist riesig und genau das ist der Moment, der sehr viel Achtsamkeit braucht. Denn es gibt Trends, die in Wellenform kommen und gehen. Insofern müssen Sie den Markt sehr gut beobachten, flexibel und agil handeln. Oder, um noch einmal  Götz Werner zu zitieren (Interview mit dem Focus ) „Nur wer sich verändert, wird stärker. Nicht der, der wächst.“