Vom Muddeln und Klotzen oder was hat Priorität?

Wenn der Sachse den Dingen ihren Lauf lässt, sich zurücklehnt und darauf vertraut, dass die Zeit so manche Aufgabe erledigt, dann „muddelt“ er. Der Berliner klotzt gern ran, um Wichtiges zu erledigen, während man im norddeutschen Raum „rossen“ tut, wenn man hart arbeitet. Aber egal ob Nord oder Süd – die Frage, welche Aufgabe der vielen, die auf unserer täglichen To-Do-Liste stehen, die wichtigste ist, beschäftigt jeden.

Spätestens dann, wenn man einen harten Tag hinter sich hat und trotzdem das Gefühl nicht los wird, wenig bewegt zu haben. In solch einem Fall kann man ziemlich sicher sein, dass man Dringlichkeit mit Wichtigkeit verwechselt hat. Dass man C- oder D-Aufgaben erledigt hat und die A-Aufgaben wahrscheinlich hübsch in ein schlechtes Gewissen verpackt, auf den nächsten Tag verschiebt.

Prioritäten zu setzen ist für jeden von uns eine Herausforderung. Denn es setzt voraus, dass man weiß, was man will.

Zeitmanagementberater schwören – wenn es um Prioritäten geht – gern auf das Pareto-Prinzip. Das besagt, dass wir mit 20 Prozent richtigem Einsatz, 80 Prozent des gewünschten Ergebnisses erzielen. Das wäre also in etwa so, als müsstest du ein Projekt, für das du eigentlich 30 Tage angesetzt hast, von heute auf morgen in sechs Tagen erledigen. Grundsätzlich ist das machbar und trotzdem lauert an dieser Stelle für die meisten von uns schon die erste Gefahr. Die Perfektionismusfalle. Aber dazu später.

Fakt ist doch eins. Mehr als wir uns eingestehen, vertun wir unsere Tage mit vielen Dingen, die schlichtweg nicht wichtig sind. Setzen wir voraus – das wichtig in diesem Fall das persönliche Vorankommen, die eigene berufliche oder private Entwicklung bedeutet. Was ist dir wichtig? Wo willst du in fünf, in zehn oder in fünfzehn Jahren stehen? Und bringt dich die Art und Weise, wie du heute Prioritäten setzt, dort hin?

Wir sind es gewohnt, Dringliches schnell zu erledigen. Dabei lohnt es sich, mal zu überprüfen, ob denn dringliche Aufgaben wirklich immer auch wichtig sind. In den meisten Fällen lautet die Antwort: NEIN. Auch wenn das Telefonklingeln allein durch seinen schrillen Ton schon Wichtigkeit signalisiert – 80 Prozent aller Telefonate, die du führst, sind für deinen persönlichen Weg nicht wichtig. Pareto. Und das ist nur ein Beispiel von vielen.

Ich persönlich finde die Einteilung von Aufgaben in ABCD-Kategorien sehr hilfreich. Meist wende ich es an, wenn ich das Gefühl habe, den Berg nicht mehr zu überblicken, oder wenn ich in einem Loch stecke und nicht so recht weiß, was ich zuerst tun sollte, um dort wieder herauszukommen. Dann schreibe ich alles auf, was ansteht – berufliche, private Ziele, sowie anstehende Aufgaben. Und dann teile ich es auf.

A – bedeutet: Diese Aufgaben sind wichtig. Sie bringen dich persönlich oder beruflich voran. Wenn sie erledigt sind, fühlt man sich deutlich besser. Erledigt man sie nicht, bedeutet es Stress, Unmut oder Ärger mit einem selbst oder mit anderen. Unterscheiden kann man hier noch in dringliche Aufgaben, also solche mit Krisen- oder Problemcharakter und in wichtige Aufgaben, die weniger dringlich sind, allerdings nicht vernachlässigt werden sollten, wie zum Beispiel Erholung.

B – bedeutet: Auch diese Aufgabe ist  wichtig, kann aber notfalls auch noch geschoben werden. Allerdings sollte man schon einen festen Termin setzen.

C – bedeutet: Liegen lassen und täglich überprüfen, ob es noch relevant ist, wenn ja dann abarbeiten, wenn A und B- Aufgaben erledigt sind. C-Aufgaben sind Muddel-Aufgaben. Manchmal erledigen sie sich von selbst.

D – bedeutet: Entweder Papierkorb, ignorieren oder dann machen, wenn alles andere vom Schreibtisch ist.

Das vertrackte an den A-Aufgaben ist oft, dass sie uns ein ungutes Gefühl bereiten. Gerade dann, wenn sie nicht dringlich, für unser persönliches Wachstum aber von großer Bedeutung sind, neigen wir dazu, sie endlos vor uns herzuschieben. So werden Weltreisen nie angetreten, Versöhnungsbriefe nie geschrieben, die Aus- oder Weiterbildung nie begonnen. Manchmal hilft es dann, den kleinsten Schritt zu suchen und auszuführen, der möglich ist. Allein das gibt ein gutes Gefühl und motiviert, die gesamte Aufgabe anzugehen.

Und noch was zum Perfektionismus. Ich will gar nicht wissen, wie viele gute Ideen und Projekte nie in diese Welt kommen, weil wir in dem Glauben feststecken, alles müsste immer zu 100 Prozent perfekt sein. Da halte ich gern mit Picasso dagegen, der sinngemäß sagte, dass ein Bild nie fertig ist, sondern dass man irgendwann einfach aufhören muss, daran zu malen. Perfekt ist nämlich nur der Tod.