Heute gibt es auf unserem Blog einen Gastbeitrag vom Geschäftsführer der garage berlin, Thomas Mampel. Er schreibt seit November 2013 wöchentlich an seinem “Geschäftsführer-Tagebuch”. Warum er das tut, könnt Ihr lesen, wenn Ihr H I E R klickt. In diesem aktuellen Beitrag geht es um ein spannendes Thema, das jeden betrifft, der ein Unternehmen gründet und dadurch plötzlich in die Chefrolle schlüpft.
Gestern saß ich mit Jeannette Hagen zusammen um die Beiträge für das neue .garage Buch (“Das 1. Jahr”) zu besprechen. Wir kamen darauf zu sprechen, welche Rollendefinitionen, Rollenklärungen und Rollenkonflikte Gründerinnen und Gründer in der neuen Position meistern müssen. Vor allem, wenn die Umsätze hoch gehen, wenn die ersten MitarbeiterInnen eingestellt und Teams organisiert und die Organisations- und Kommunikationsstrukturen entwickelt werden müssen, kommen die GründerInnen das erste Mal bewusst in die “Chef-Rolle”. Eine ziemlich interessante Herausforderung.
Im Rückblick war das auch für mich immer ein Aspekt, der mir sehr deutlich bewusst gemacht hat, dass die neue Aufgabe und die neue Stellung zwei Seiten hat: Zum einen – und das ist wohl das faszinierendste am Unternehmer-Sein – kann man selbst gestalten, die Organisation bzw. das Unternehmen nach seinen eigenen Vorstellungen, Werten und Idealen formen. Ich mache und gestalte etwas im Unternehmen, das nach Aussen und nach Innen sichtbar ist und eine Wirkung hat.
Zum anderen – das ist die Kehrseite – macht die neue Rolle, die neue Aufgabe aber auch etwas mit mir. Das Unternehmen, die Organisation verändert mich. Nach innen und nach aussen sichtbar und wirksam. Ich z.B. war die ersten Jahre (eigentlich bis heute) rund um die Uhr mit meinen Unternehmen beschäftigt. Alles dreht sich um Aufbau, Ausbau und Sicherung der Organisation(en). (by the way: Verantwortung für Menschen – v.a. für die Angestellten – kann eine sehr körperliche Erfahrung sein….). Die Gedanken, Ideen und Gespräche sind dominiert durch “Arbeitsthemen”. In meinem sozialen Umfeld hat sich einiges verändert. Ich kenne kaum noch Leute, die nicht irgendwie, irgendwas mit meiner Arbeit zu tun haben (mal Familie ausgenommen). Und die meisten sozialen Kontakte werden auch dadurch geprägt oder zumindest beeinflusst, dass ich der “Chef” oder der Auftraggeber bin. Oft bekomme ich Feedbacks, Anerkennung, Wertschätzung von Leuten um mich herum. Nicht in jedem Fall ist auszuschliessen, dass Form, Inhalt und Duktus der mir gegenüber geäußerten Meinungen durch diese “hierarchische Beziehung” beeinflusst ist. Häufig mache ich die Erfahrung, dass sich Gesprächsinhalte und Stimmungen ändern, wenn ich zu einer Runde stosse, bei der auch Mitarbeiter von mir sind… Mein Einfluss auf das Miteinander anderer ist nicht auszublenden…..
Das alles ist OK – ich will auf gar keinen Fall missverstanden werden. Dies ist kein “gejammer”…. Ich liebe meinen Job, meine Aufgabe, meinen Beruf, meine Position. Mich interessiert nur die Frage, die wahrscheinlich jeden Chef interessiert: Wie kriegt man es eigentlich hin, “ganz Chef” zu sein (also seiner Führungs- und Entscheidungsverantwortung gerecht zu werden) und trotzdem immer authentisch zu bleiben. Und was bedeutet Authentizität eigentlich, wenn wir doch wissen, dass unsere Position und unser Job uns fortlaufend verändert. Kann man sich selbst treu bleiben…. – wenn das “selbst” im Laufe eines Unternehmerlebens so radikale Wandlungen vollzieht?
Frage an die Chefs unter Euch: Wie hat Euer Job Euch verändert? Wie verändert Ihr Euren Job?
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