Es ist ein menschlicher Trieb, dass wir uns immer wieder etwas Neues vornehmen, uns hier oder da ausprobieren und eben auch mit diversen Vorhaben scheitern. Ist das nun schlimm? Sollten wir es tunlichst vermeiden, auf die Nase zu fallen? Nein, sagen die Psychologen. Scheitern gehört zum Leben wie das Wasser zum Regen. Die entscheidende Frage ist nur, wie wir damit umgehen.
Eine schöne Geschichte, die dazu passt, kommt von Thomas Alva Edison, dem Erfinder Glühbirne. Er tüftelte und tüftelte, um zu einem Ergebnis zu kommen, er selbst sagt, es waren wohl um die 2000 Versuche, die er mit verschiedenen Materialien unternahm. Auf die Frage, ob er diese Versuche als Misserfolg, also als Scheitern sieht, soll er geantwortet haben:
„Ein Misserfolg war es nicht. Denn wenigstens kenne ich jetzt 2000 Möglichkeiten, wie ein Kohlefaden nicht zum Leuchten gebracht werden kann.”
Ein Ziel zu verfehlen oder an einer Aufgabe zu scheitern, mag ziemlich ärgerlich und nicht selten sogar schmerzhaft sein. Scheitern fordert uns heraus, bringt uns an unsere Grenzen. Wir schämen uns, wir hadern mit uns oder anderen und manch einer würde gern möglichst unauffällig im Erdboden versinken. Dabei ist die Erfahrung des Scheiterns im Leben nicht nur unausweichlich, sondern sie steckt auch voller Potential für neue Entdeckungen und Erkenntnisse. Was schon vielfach erkannt und gesagt wurde, kann man gar nicht oft genug wiederholen: Sieger ist der, der einmal mehr aufsteht, als er hinfällt! So ähnlich sagte es Winston Churchill und er hat Recht, denn Niederlagen kurbeln unser Wachstum an. Allerdings nur dann, wenn wir sie nicht als Niederlage, sondern nur als Zwischenetappe, als Teil eines größeren Ganzen anerkennen.
Immer wieder Laufen lernen
„Sometimes you have to lose only to learn how to win“ so der Rennfahrer Lewis Hamilton und er bringt damit auf den Punkt, was in jedem Scheitern steckt: eine neue Chance. Und zwar auf einer höheren Ebene. Christian Maier, Coach und Buchautor, spricht in seinem Buch „Spielraum für Wesentliches“ sogar von der Erotik des Scheiterns, denn die Lust am Spiel zwischen den Polen Erfolg und Scheitern ist ein wesentliches Merkmal unserer Entwicklung. Beobachten Sie ein Kind, das Laufen lernt. Unermüdlich wird es sich wieder aufrichten, wieder fallen, aufrichten und so weiter. Heult es dabei? Grähmt es sich? Lammentiert es? Beschuldigt es die Mutter oder den Vater, weil das Laufen nicht gleich klappt? Wird es deppressiv, launisch oder steckt den Kopf in den Sand? Eher nicht. Es schaut stolz in die Runde, lacht, steht wieder auf und übt so lange, bis es laufen kann. Der Unterschied zwischen dem Erwachsenen und dem Kleinkind liegt ausschließlich in der Bewertung des Ereignisses.
Speziell wir in Deutschland haben das Scheitern zu einem Stigma erhoben. Wir sehen es als eine Bedrohung unseres Selbstwertes an. Zudem baden wir uns eher in schlechten Gedanken über uns selbst, als dass wir die Zähne zusammenbeißen, uns schütteln und einfach wieder neu starten. Sicher auch ein Grund, warum es in Deutschland, gemessen an jenen Nationen, bei denen Scheitern zum Aufstieg gehört, nach wie vor relativ wenig Gründungswillige gibt. Hier erstickt die Angst vor dem Versagen schon viele gute Ansätze im Keim. Dazu kommt, dass die, die den Mut haben, Ziele forsch anzugehen, sich zusätzlich zu den eigenen Ängsten auch noch mit denen ihrer Mitmenschen belastet fühlen. So wundert es nicht, dass die „Angst vorm Scheitern“ der Hauptgrund ist, warum so viele gute Ideen, so gute Produkte nie den Weg in die Realität finden. Vielfach ist es der Spott, der Hohn, die Besserwisserei von anderen, die das Scheitern erst zu einem gefühlten Misserfolg machen. Doch nicht das Scheitern ist ein Drama, sondern erst das Aufgeben.
Wagen statt Versagen
Versuch und Irrtum sind die Basis des Fortschritts, jeder Veränderung, jeder Neuerung. Wichtig ist, nicht die Frage nach dem Warum zu stellen. Die bringt selten weiter. Einzig die Frage nach dem Wie ist es, die uns neu denken lässt, weil sie aktiv nach der Lösung sucht. Hilfreich ist auch eine Prise Humor. Denn: Was kann schon passieren? Ist man ein Versager, weil man versagt hat? Klares Nein – denn im Gegensatz zu vielen anderen hat man etwas gewagt. Hat sich aus seiner Komfortzone herausbewegt, hat Mut bewiesen. Das zählt. Der irische Schriftsteller Samuel Beckett hat es so formuliert: „Ever tried. Ever failed. No matter. Try again. Fail again. Fail better.“ (Immer versucht. Immer gescheitert. Einerlei. Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern.)
Schöner kann man es wohl nicht sagen.