Gründerstadt Berlin?

Berlin präsentiert sich ja gern als Weltstadt. Offen, multikulturell, kreativ, bunt und vielfältig – so gibt man sich und so wird man gern gesehen. Das zieht natürlich nicht nur Touristen, sondern auch jede Menge Studenten an und wo Studenten sind, da gibt es natürlich auch Absolventen. Und unter denen gibt es einige, die gar nicht lange warten wollen, sondern direkt nach dem Studium oder noch während des Studiums ein Unternehmen gründen. Eine schlaue Stadtregierung würde das mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen. Nicht so Berlin.

Traurig aber wahr. Statt den Trend, Berlin als Gründerstadt zu etablieren, fortzusetzen, blockiert Finanzsenator Ulrich Nußbaum derzeit ein Projekt der Freien Universität Dahlem, die als Elite-Hochschule ein Gründerzentrum politisch durchzusetzen versucht. Es geht darum, Absolventen der Universität und Forscher zu unterstützen, nicht nur Ihre Ideen und Forschungsprojekte umzusetzen, sondern als Unternehmer daran auch zu verdienen. Die Technische Universität als auch die Humboldt-Universität haben bereits jeweils ein Gründerzentrum unter ihren Dächern. Nur der Südwesten von Berlin scheint leer auszugehen.

Grund ist offenbar die Blockadepolitik des Finanzsenators. Konkret geht es dabei um die Immobilie, die sich das Regionalmanagement Südwest, das die wirtschaftliche Entwicklung des Gründerzentrums betreut, ausgesucht hat. Das frühere American Hospital wäre ideal geeignet. Es würde Platz für zirka 60 Kleinunternehmen bieten, also rund 600 Arbeitsplätze. Wie die Berliner Morgenpost heute berichtet, würden die Firmen, wenn das Projekt gut anläuft, der Stadt Berlin rund zwölf Millionen Euro an Steuern und anderen Einnahmen einbringen.

Aber Ulrich Nußbaum hat andere Pläne. Er will das Objekt für neun Millionen Euro an Investoren verkaufen, die es dann für den Wohnungsbau vermarkten. Sehr kurzfristig gedacht, aber leider seit vielen Jahren symptomatisch für Berlins Finanzpolitik. Wertvolle Areale werden für eine Summe X verkauft, die irgendwo in Berlins abgrundtiefen Haushaltslöchern versickert, statt dass man als Stadt investiert und sich selbst geldbringende Märkte erschließt. Ich meine, das lernt man doch schon als Kind, das es sinnvoller ist, die Kuh melken, als sie zu schlachten, um es mal bildhaft zu sagen.

Wirtschaftspolitisch und senatsintern stellt sich das Ganze natürlich etwas komplizierter dar, als ich es hier rüberbringe, trotzdem sind solche Verzögerungstaktiken für mich immer schwer nachvollziehbar. Zumal es in diesem Fall wohl nicht einmal am Geld mangelt. Die benötigten 45 Millionen Euro stehen zur Verfügung. Sie schmoren sozusagen seit gut einem Jahr vor sich hin. Und das ist dann so gar nicht Weltstadtniveau. Dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn die frischen Absolventen Berlin nach dem Studium den Rücken kehren und lieber anderen Städten die Stadtkassen füllen.