Erfahrung mit der Crowd

Wie war neulich in einem Artikel von Förderland zu lesen? „Alle wollen sie die Crowd!“ Ein regelrechter Hype sei entstanden, Crowdfunding und Crowdinvestingplattformen schießen wie Pilze aus dem Boden und im April diesen Jahres fand sogar schon die erste Crowdfunding-Konferenz statt. Satte 2,7 Milliarden Dollar wurden laut Förderland weltweit allein im letzten Jahr über Crowdfunding eingesammelt und obwohl diese Form der Finanzierung hierzulande noch in den Kinderschuhen steckt, sind die Erwartungen hoch.

Ich mache derzeit ganz eigene Erfahrungen mit diesem Finanzierungsmodell, die ich gern mit Ihnen teile.
Dazu muss man vorausschicken, dass sich die Arbeitsbedingungen für freie Journalisten in den letzten Jahren sehr gewandelt haben. War die Berufsbezeichnung Journalist früher per se Garant für ein gutes Einkommen, meist auch in Form einer Anstellung, so muss man sich heute mit freien Bloggern, Leserreportern, schreiblustigen Quereinsteigern und Menschen, die bereit sind, für Dumpinglöhne zu arbeiten, den Markt teilen. Das Klima ist rauer geworden – was ich ohne Groll sage, denn es betrifft nicht nur unsere Branche, sondern schließt sich der Entwicklung des allgemeinen Kultursegments an. Texte sind zur Massenware geworden.

Will man da nicht mitmachen oder untergehen, ist man gezwungen, sich neue Wege zu suchen, das zu tun, wofür man brennt und was man ja auch mal gelernt hat. Und nun zurück zur Crowd, denn auch für uns Journalisten entwickelt sich Crowdfunding immer mehr zur Option, wenn es um Projekte geht, die von keiner Redaktion mehr im Voraus gezahlt werden, die man aber selbst für wichtig und spannend erachtet.

Im Grunde gleicht ein Crowdfunding-Projekt dem Schritt in die Selbstständigkeit.
Es braucht dieselbe Planung, Sorgfalt und Vorbereitung, wenn es dann erfolgreich sein will, was leider trotzdem nicht gesichert ist. Und es braucht ein Thema. Einen Pitch.
In meinem Fall habe ich vor, im Sommer 2013 eine Reise von zehn Deutschen in die russische Stadt Woronesch zu begleiten. Sie fahren nicht als Touristen dorthin, sondern wollen gemeinsam mit russischen Einwohnern vor Ort die Kriegsgeschichte Woroneschs aufarbeiten. Mich hat dieses Thema aus mehreren Gründen sofort gefesselt, darum will ich es gern einer breiten Öffentlichkeit vermitteln.
Aber Russland ist eben weit, zehn Tage sind lang, Zeit darüber zu schreiben kostet Geld – also war für mich klar, dass ich einen Weg finden will, mir das zu finanzieren. Die speziell für journalistische Projekte eingerichtete Plattform „Krautreporter“ hat mir den Rahmen gegeben. Dort wird das Projekt bis zum 14. Juli beworben und sollte die Summe von 2800 Euro bis dahin zusammen kommen, gilt diese Kampagne als erfolgreich und das Geld wird mir ausgezahlt. Erreiche ich diese Summe nicht, erhalten all die Spender, die bisher als Unterstützer in Erscheinung getreten sind, ihr Geld zurück.

Wer nun aber denkt, dass man mal eben ein Video einstellt, einen Text schreibt und schon läuft der Laden, der irrt. Und zwar gewaltig, denn wie bei einer Gründungsidee zählt nicht die eigene Hingabe und Begeisterung für das Projekt – man muss andere davon überzeugen und das macht Arbeit. Vor allem, wenn es – wie in meinem Fall – ein Thema ist, das einigen Erklärungsbedarf mitbringt. Wer weiß schon, was Geomantie ist? Und wer kennt Woronesch?

Also musste ich mir Zielgruppen suchen, für die diese Kampagne und das Resultat – nämlich eine Reportage, eine Ausstellung und ein Reiseblog einen Mehrgewinn darstellt. Vereine, Geschäfte, Menschen, denen es wichtig ist, etwas aus der russischen Region nach Deutschland zu tragen.
Nebenher wirbt man natürlich noch im engeren, privaten Kreis, was meist hilft, die ersten Gelder einzusammeln. Wichtig ist, dass sich kontinuierlich etwas bewegt. Das war bei meiner Kampagne die ersten Tage nicht der Fall und auch jetzt sieht es noch nicht so aus, als ob ich die Summe zusammen kriege. Schwer zu sagen, woran es liegt. Parallel zu meiner Kampagne wurde eine andere gestartet, die innerhalb kurzer Zeit eine sehr hohe Summe generiert hat. Aber ich will nicht orakeln.

Was man in jedem Fall bedenken sollte, ist, dass solch eine Kampagne mit einem hohen Arbeitsaufwand verbunden ist. Die Stunden bekommt man nicht bezahlt – aber man muss sie einkalkulieren. Im schlimmsten Fall hat man sie in den Sand gesetzt.
Aber noch ist nicht aller Tage Abend und eins kann ich schon sagen – für mich ist diese Kampagne jetzt schon ein Gewinn. Die Synergien, die sich durch Gespräche und neue Kontakte ergeben haben, werden sich längerfristig – also über die Crowd hinaus – als hilfreich für meine Arbeit erweisen.

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