Auszeit im Urlaub?

Segelboot auf einem See

Hier schnell eine Mail, dort noch fix einen Anruf, ach ja und dann ist da noch ein Meeting, dauert nur eine Stunde… Kann man als Gründer*in in den Urlaub fahren, sich eine Auszeit gönnen, und mal nicht erreichbar sein? Nicht arbeiten, keine Mails schreiben, nicht ans Telefon gehen? Man kann nicht nur, man sollte! Und zwar ganz ohne schlechtes Gewissen.

Stets erreichbar sein zu müssen, ist wohl etwas, das man als Gründer*in tief verinnerlicht hat. Es könnte ja während der Tage, an denen man im Urlaub ist, irgendetwas passieren. Etwas, worauf man unbedingt reagieren muss. Vielleicht wissen die Mitarbeitenden nicht weiter oder ein Kunde macht Ärger. Möglicherweise crasht auch ein Projekt aus einem Grund, der nicht vorhersehbar war. Schon die Gedanken daran lassen keine Urlaubsstimmung aufkommen. Und dass Gründer*innen sie haben, ist nicht nur ein Zeichen davon, dass sie um ihr Geschäft bangen, sondern spricht vor allem für den Wunsch, alles kontrollieren zu wollen.

Arbeiten ist nicht Urlaub

Das Problem ist: Arbeiten ist eben nicht Urlaub. Die meisten kennen das: Man liegt am Strand oder am Pool, checkt schnell mal eben die Mails und liest, dass Kunde XY ein gigantisches Problem hat, das dringend gelöst werden muss. Und zack, schon dreht sich das Gedankenkarussell. An Erholung ist nicht mehr zu denken. Die Familie wird zum Ausflug geschickt und man selbst sitzt am Laptop und versucht, die Sache wieder geradezubiegen. Keine gute Idee. Besser ist, sich komplett rauszuziehen. Vielleicht sogar das Mailprogramm auf dem Handy zu deaktivieren und bei der Gelegenheit auch die Social Media Kanäle zu löschen und stattdessen ein gutes Buch zu lesen.

Sind wir so wichtig, wie wir glauben?

Nein, sind wir in der Regel nicht. Die Welt dreht sich auch ohne uns weiter und wenn wir Mitarbeitende haben, dann wachsen die wahrscheinlich in der Zeit, in der wir mal offline sind, über sich hinaus. Vertrauen heißt das Zauberwort und es sagt sich leichter, als es sich umsetzen lässt. Gerade bei frischen Gründer*innen ist es ja oft so, dass sie sich gar keinen Urlaub nehmen, um sicherzustellen, dass alles seinen Gang geht. Das mag in den ersten zwei Jahren in Ordnung sein – irgendwann geht es aber an die Substanz. Jeder Mensch braucht Ruhephasen und gerade heute, in einer Zeit, die uns sowieso schon extrem herausfordert, sollten wir sie uns gönnen.

Auszeit als neue Erfahrung

Vielleicht muss es ja zunächst nicht ganz so radikal sein, wie bei meinem Mann. Er war mit einem Segelboot auf dem Atlantik unterwegs und zehn Tage wirklich überhaupt nicht erreichbar. Weder für sein Büro, wo er Chef von 12 Mitarbeiter*innen ist, noch für seine Familie. Am Ende war die Herausforderung für uns, die wir nicht unterwegs waren, größer als für ihn. Er selbst konnte sich schnell umstellen, war – wie er sagt – in einem Zustand, nachdem er sich immer gesehnt hat: eben einfach mal keine Fragen beantworten zu müssen, nicht ständig verfügbar zu sein, keine Feuerwehr für andere, die sich auf ihn verlassen, zu spielen. Und er hat diese Erfahrung sehr genossen, unter anderem auch deshalb, weil er zwei Aspekte gelernt hat: Viele Dinge sind weniger dringlich, als sie erscheinen. Und: Er kann sich auf seine Mitarbeitenden verlassen.

Auszeiten planen

Das A und O für solch eine Auszeit ist die richtige Planung und Kommunikation. Es muss für alle klar sein, dass man nicht erreichbar ist. Für den E-Mailverkehr ist eine Abwesenheitsmeldung schnell eingerichtet, besser ist jedoch, schon ein bis zwei Wochen vor dem Urlaub in den Mails darauf hinzuweisen, dass man keine E-Mails lesen und beantworten wird. Gleichzeitig muss kommuniziert sein, wer der oder die Ansprechpartner*in ist. Ist das geklärt, lohnt es sich, jene Apps vom Handy zu löschen, die man normalerweise für Kommunikation nutzt oder auf denen man gewöhnlich „abhängt“ – also sämtliche Social-Media-Apps oder Kommunikationsapps wie Slack oder Teams. Das klingt anstrengend, ist es aber nicht. Jedenfalls übersteigt der Gewinn den Aufwand. Wer sich im Urlaub wirklich erholen und Kraft tanken will, wer im Kopf Platz für neue Ideen freimachen will, der sollte sich diese Auszeit gönnen. Und wer Angst vor einer Mail-Flut nach den erholsamen Tagen hat, für den noch der Rat, nicht sofort wieder einzusteigen, sondern sich einen Tag zum Ankommen zu gönnen, der nur dafür da ist, Mails zu lesen.

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